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Der 8. Tag - Gentechnologie
#2
Die Deutschlandzentrale des Agro-Konzern Syngeta steht im Gewerbegebiet-Ost von Maintal-Dörnigheim, einer Schlafstadt, eine halbe Autostunde von Frankfurt entfernt.
Hinter einem Zaun stehen ein paar gewollt unauffällige Flachbauten, errichtet vom amerikanischen Konzern Honeywell, der hier früher Militärtechnik produzierte und auch kein Interesse an unnötiger Aufmerksamkeit hatte. Der einzige Hinweis auf den aktuellen Besitzer findet sich auf dem Rasen. In Hüfthöhe ist da ein Schild, auf ihm steht “Syngenta“ über dem g schwebt ein Blatt in freundlichem Grün.
Im ersten Stock des Verwaltungsgebäudes liegt das Büro von Hans-Theo Jachmann, er ist Chef des Konzerns und Gottfried Glöckners ehemaliger Geschäftspartner. Es ist ein bescheidener Raum, ein Holztisch, ein paar Stühle, 3 Treckerbilder
An der Wand. Jachmann sammelt diese Maschinen, 16 stehen bei ihm zu Hause. Sein Favorit ist ein „Bulldog“ der Fa. Lanz.
Jachmann braucht kein großes Büro, denn er ist hier selten zu finden. Meist sitzt er im Flugzeug, im Auto, ist auf dem Weg zu internationalen Treffen des Konzerns, zu Verbandssitzungen der Gentech-Industrie, zu Symposien, Konferenzen, Podiumsdiskussionen. Jachmann ist so etwas wie das Gesicht einer öffentlichkeitsscheuen Branche, deren Vertreter sich oft missverstanden fühlen. Er ist ein kompakter Mann, aufgewachsen auf einem Bauernhof und vielleicht auch deshalb direkt im Umgang mit seinen Mitarbeitern, die sich bemühen, an seiner Nase vorbeizuschauen.. Sie ist schief wie die eines Boxers, der schon viele harte Treffer einstecken musste.
Auf dem Tisch unter den Treckerbildern läuft das Aufnahmegerät von Jachmanns Pressesprecher. Gentechnik ist ein sensibles Thema, da kann es leicht zu Missverständnissen kommen.Und das wäre sehr bedauerlich, gerade in diesen Wochen. In Brüssel und Berlin wird bald über die Zukunft der grünen Gentechnik , der Genmanipulation in der Landwirtschaft, entschieden. Bessere Geschäfte können möglich sein.
„Wir haben Herrn Glöckner so lange unterstützt, wie wir konnten“, sagt Jachmann und nippt an einem Glas Mineralwasser ohne Kohlensäure, „ er war ein glühender Verfechter der Gentechnik, und wir waren Geschäftspartner, gute Geschäftspartner.“ Glöckner habe sich unentwegt mit den Gegnern der Technik angelegt“.
Aus diesem Grund habe sich Syngenta verpflichtet gefühlt, Glöckner zu helfen, als die Kühe starben und sein betrieb in Schwierigkeiten geriet. Untersuchungen wurden mitfinanziert, „ rund 42 000€ haben wir ihm überwiesen“, sagt Jachmann, er macht eine kurze Pause, setzt das Glas Wasser wieder auf den Tisch, und beendet den Satz: „ Natürlich ist das kein Schuldanerkenntnis“.
Syngenta bot Glöckner das Saatgut an, weil er ein guter Kunde war und weil er ein geeigneter Kandidat für eine Mission zu sein schien, die der Konzern zu besetzen hatte. Es ging darum, die Gentechnik auf Deutschlands Feldern zu etablieren.
Glöckner nahm das Angebot an, er tat es nicht aus Neugier, aus Wissensdurst, er hatte gerechnet und erkannt, dass er wohl Geld sparen würde durch den verminderten Einsatz von Giften, durch einen wahrscheinlich höheren Ertrag. Glöckner zweifelte nicht an dem Erfolg. Noch stand seine Welt. Der Mais wuchs auf 5000 Quadratmetern, der Landrat, die Polizei, die Landwirte, an deren Felder der Genmais grenzte, waren informiert, ebenso die Molkerei, die Milch von Glöckners Kühen kaufte.
1997 sähte er den neuen Mais aus. Als die Pflanzen wuchsen, standen sie gut und gerade auf dem Feld. Glöckner genoss diesen Anblick, so etwas lasse das Herz eines echten Landwirts höher schlagen, erinnerte er sich. Nach der Ernte mischte er den Mais zum ersten Mal dem normalen Futter unter.
Den Kühen ging es gut.
Es waren Schwarzbunte, Milchkühe, um die 60 Stück, die Glöckner großzog und melkte, jedes Tier eine hochgezüchtete Milchproduktionsstätte, die auf Störungen sensibel reagierte. In den beiden folgenden Jahren erhöhte Glöckner den Anteil des genmanipulierten Maises im Futter, er registrierte keine Nebenwirkungen bei den Kühen. Der Maiszünsler war weg.
Im Jahr 200 verfütterte Glöckner noch mehr Genmais an seine Tiere.
Den Kühen ging es immer noch gut.
Glöckner trieb den Anteil an Genmais weiter in die Höhe. Dann fraßen die Tiere nur noch Genmais. Sie bekamen Durchfall. Das geschah im Frühjahr 2001.
Glöckner fütterte zusätzlich Heu. Die Milchleistung der Herde ging zurück., ihr Gesundheitszustand bleib instabil, über Monate. Der Tierarzt war ratlos. Am 8. Mai starb die erste Kuh. Vier weitere folgten.
Das zuletzt verendete Tier wurde in die Veterinärpathologie der Universität Gießen eingeliefert und untersucht. Der zuständige Tierarzt konnte keine präzise Todesursache nennen. Er diagnostizierte lediglich eine chronische Entzündung des Brustfells und eine chronische Entzündung der Gebärmutterschleimhaut. Glöckner ließ weitere Proben nehmen, von anderen Tieren aus seinem Stall. Auch diese Proben lieferten keine eindeutige Erklärung für den Tod der 5 Kühe. Es wurde wieder Sommer, und draußen auf den Feldern stand ein weiterer Jahrgang des genmaipulierten Maises. Die Pflanzen waren stark, gesund, groß. Jetzt betrachtete Glöckner sie mit Unbehagen.
.. Er begann Briefe zu schreiben, an das Robert-Koch-Institut Berlin, Zentrum für Gentechnologie, zuständig für die Unbedenklichkeit genmanipulierter Organismen , an die Syngenta GmbH. Auf weißem Papier äußerte er den Verdacht, dass der Genmais seine Kühe getötet haben könnte. Möglicherweise sei für den Mais eine Kuh nur ein weiterer Schädling. Im Februar, am 22. des Monats, stellte Glöckner die Fütterung mit genmanipuliertem Mais ein.
Es dauerte nicht lange, bis Greenpeace von Glöckners Verwandlung erfuhr. Die Umweltaktivisten kannten ihn, sie hatten dafür gesorgt, dass ihm früher die Felder ruiniert wurden. Dankbar nahmen sie Glöckner, den Konvertiten, als Kronzeugen in ihr Lager auf. Im vergangenen Dezember präsentierten sie ihn und seine Geschichte vor der Sitzung eines wichtigen EU-Ausschusses.
„Uns war klar, dass die Sache irgendwann an die Öffentlichkeit gelangen würde“, sagt Jachmann, er sitzt jetzt in der Syngenta-Kantine und stochert lustlos in einem Leberknödel herum, der zwischen Kartoffelpüree und Sauerkraut eingekeilt ist. Jachmann ist ein Veteran der Branche, er weiß, dass die Produktion und der Verkauf von genmanipulierten Pflanzen in Deutschland auf absehbare Zeit kein einfaches Geschäft sein wird. Aber Jachmann ist auch stur, er ähnelt Glöckner, und so überhört er regelmäßig die Ratschläge von seinen Kollegen, von Managern, die internationale Filialen Syngentas außerhalb Europas führen: „ Lass das doch sein“, sagen sie ihm,“ das bringt doch nur Verluste.“ Der Konzern verdiene in Europa, in Deutschland, doch mit dem Verkauf von konventionellem Saatgut gutes Geld. Aber Jachmann will es nicht sein lassen. Deutschland dürfe kein gentechnisches Entwicklungsland bleiben.
Vor 10 Jahren begann Jachmann seine Mission. Er war dabei, als deutschen Landwirten in Bad Rappenau die ersten Genmais-Pflanzen präsentiert wurden. Sie stammten aus Frankreich und durften das Sicherheitsgewächshaus nicht verlassen. Jachmann erlebte die wenigen Jahre der grünen Gentechnik, in denen die Branche hoffte, dass aus einem Projekt bald ein gutes Geschäft werden würde, es war die Zeit, als die Zahl der Versuchsäcker wuchs, auch wenn viele von Gentechnik-Gegnern abgeräumt wurden. Dann kam das EU-Moratorium, im Jahre 1998, und die Branche begrub ihre Hoffnungen. Die Politiker in Brüssel weigerten sich, neue genmanipulierte Pflanzenarten zu genehmigen. Jetzt, nach 5 Jahren, sieht es so aus, als werde die EU-Kommision das Moratorium endlich beenden , um Strafzöllen in Milliardenhöhe zu umgehen. Die EU wurde von den USA verklagt, vor dem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation. Es geht um Importbeschränkungen, Amerikas Farmer wollen ihren Genmais in Europa verkaufen. Es wird neue, schärfere Gesetze geben, die den Umgang, die Produktion und den Verkauf von gentechnisch manipulierten Pflanzen regeln, aber mit ihnen kann Jachmann leben. Er betrachtet diese Entwicklung mit vorsichtigem Optimismus, denn er weiß, Gesetze allein schaffen noch keine kaufbereiten Konsumenten. 80% der Deutschen seien gegen Gentechnik auf ihren Tellern, und Jachmann weiß auch, dass sein Produkt nicht geeignet ist, die Deutschen zu bekehren. Der Mais mit dem Extragen bietet dem Landwirt Vorteile, aber nicht dem Endverbraucher. Genmais ist nicht sexy, er macht nicht schlank, liefert keine zusätzlichen Vitamine, keine Antidepressiva. Er tötet nur ein Insekt, das kaum jemand kennt.
Das Vorteilhafteste, was sich über den Bt-176-Mais sagen lässt, ist, dass er Tiere und Menschen keinen Schaden zufügt. Studien bewiesen das, sagt Jachmann. Unabhängige Experten bezeugen


Fortsetzung......
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Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 05.03.2005, 09:08
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 17.07.2008, 21:17
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 14.04.2009, 17:20
Jetzt schlägt`s aber 13! - von Uli - 22.04.2009, 14:52
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Bolek - 22.04.2009, 23:19
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 13.03.2010, 17:43
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 26.04.2010, 08:18
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 07.06.2010, 09:38
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 07.08.2010, 07:34
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 26.11.2011, 12:16
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 25.06.2012, 07:21
Re: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 22.03.2014, 10:10
RE: Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 25.02.2015, 14:06
Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 05.03.2005, 09:09
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Der 8. Tag - Gentechnologie - von ß - 05.03.2005, 20:18
Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 06.04.2005, 06:47
Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 12.04.2005, 18:21
Der 8. Tag - Gentechnologie - von ß - 12.04.2005, 18:51
Der 8. Tag - Gentechnologie - von Uli - 04.11.2005, 08:16
Der 8. Tag - Gentechnologie - von V2Martin - 04.11.2005, 20:57
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