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Gentechnologie: >Die Pille vom Acker<
#1
Die Pille vom Acker
Gen-Pflanzen im Dienst der Pharma-Industrie
Von Magnus Zawodsky
(Bericht im Wochenendteil der Tageszeitung, vom 31.7.2004)

Interferon ist ein höchst wirksames Medikament . Es macht den Körper gegen Viren resistent und wird bei schweren Krankheiten wie Krebs, AIDS oder Gelbsucht eingesetzt. Schon 1957 entdeckt, war Interferon Jahrzehnte lang schwierig herzustellen und damit so gut wie unbezahlbar.
Seit den 80er Jahren wird Interferon kostengünstig in großen Mengen von genmanipulierten Bakterien produziert und steht (fast) allen Patienten zur Verfügung. Ähnliches gilt für Insulin, ohne das Zuckerkranke sterben müssten. Mehr als ein Viertel aller Medikamente wird gentechnisch hergestellt. Nun sollen sie noch preiswerter geliefert werden – bis zu 50 mal billiger – nicht mehr von Bakterien, sondern von Pflanzen.
Ganz gewöhnliche Gewächse wie Tabak oder Mais sollen mit eingeschleusten menschlichen Genen eine Ernte ermöglichen, wie sie noch nie da war: Medikamente vom Acker.
„Pharma-Planta“ heißt das von der EU mit 12 Millionen Euro geförderte Projekt, das Pflanzen zu Medizinfabriken machen soll, die jede gewünschte Menge an Wirkstoffen für die Pharma-Industrie bereitstellen können. Nicht, dass man bislang untätig gewesen wäre: Selbst Kühe werden schon als Pharma-Fabriken verwendet, ihre Milch liefert Medizin.
Die Pharma-Produktion mit Hilfe von Tieren ist allerdings aufwendig, Pflanzen arbeiten effektiver: Nach der Ernte müssen sie nur noch zerkleinert und verflüssigt werden, damit man die ( eigentlich menschlichen) Proteine herauswaschen kann.
Ein solches Protein ist der Blutersatzstoff Serumalbumin, den man bei schweren Verletzungen und Verbrennungen benötigt. Die Trägerpflanzen für dieses Bluteiweiß wachsen auf freiem Feld – in Amerika , wo „Pharma-Planta“ sie deswegen anbauen muss, weil die Freilandproduktion hierzulande verboten ist.
Aus gutem Grund. So wünschenswert bezahlbare Medikamente für alle sind, so gefährlich ist ihre Produktion außerhalb von hermetisch gesicherten Gewächshäusern. Soeben wurde vom Umweltministerium Schleswig-Holsteins ein 3 Jahre währender Freilandversuch ( mit nicht transgenen Pflanzen) abgeschlossen. Das Ergebnis: Mit einer Weitergabe des veränderten Erbgutes über Pollen und Samen muss gerechnet werden . Eine kräftige Windbö genügt, und normale Pflanzen werden von genmanipulierten befruchtet.
Und wer möchte schon einen Maiskolben essen, der Insulin enthält? Mit dem Hintergrundwissen im Kopf, dass Insulin in hoher Dosierung ein Gift darstellt? Alle bisherigen Umfragen haben gezeigt, dass eine überwältigende Mehrheit der Deutschen gentechnisch veränderte Lebensmittel ( und die Gentechnik pauschal) strikt ablehnt.
Diese Haltung hat zur Folge, dass Pharma-Plantagen politisch nicht durchsetzbar sind.
Medikamente können nicht beliebig billig produziert werden, weil die „Nebenkosten“ unbezahlbar wären.
( Zu diesem Artikel ein Bild mit einer Tabakblatt anknabbernden Raupe und folgendem Text dazu:
Angenommen, diese Raupe des Tabakspinners frisst ein Medikament, das die genmanipulierte Pflanze produziert. Die Raupe wird von einem Vogel gefressen, dieser von einer Katze, und die wird nach ihrem Tod zu Tiermehl verarbeitet, das an Kühe verfüttert wird. Mit deren Milch hätte die Nahrungskette in 5 Schritten den Menschen erreicht.
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Ich erachte es allerdings viel bedenklicher für Pollenallergiker, wenn sie ein Medikament oder gar Plasma -Ersatz erhalten, dessen „Zuchtstation“ eine Pflanze war, auf dessen Pollen und den daraus hergestellten Nahrungsmitteln er hoch allergisch reagiert! Ich fürchte, der Patient müsste das billige Medikament sehr teuer bezahlen........

Uli
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