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"Wissen, wie Doktoren ticken"
#1
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Zitat:Wissen, wie Doktoren ticken\"
Der amerikanische Mediziner und Autor Jerome Groopman über ärztliche Fehldiagnosen, typische Denkfehler im klinischen Alltag und seine größte Panne als Arzt
SPIEGEL: Doktor Groopman, stellen Sie sich vor, einer Ihrer Patienten klagt über schwere Rückenschmerzen. Zwei Orthopäden haben ihm schon völlig unterschiedliche Diagnosen bescheinigt. Wie finden Sie raus, was wirklich los ist mit ihm?
Groopman: Die Befunde der Kollegen will ich gar nicht hören. Was ich brauche, ist die Hilfe des Patienten selbst. Er muss mir seine Krankengeschichte erzählen, und zwar in allen Einzelheiten. Der bekannte Arzt William Osler hat sinngemäß gesagt: Wir müssen nur dem Patienten zuhören, dann verrät er uns die Diagnose.
........

Zitat:SPIEGEL: Mitunter reagieren Mediziner aber genervt, wenn sie vom Patienten die angeblichen Ursachen ihrer Beschwerden gleich mitgeliefert bekommen.
Groopman: Zugegeben, einige Ärzte wollen das nicht hören, weil sie um ihre Autorität fürchten. Aber ich glaube: Alles, was der Patient sagt, ist wertvoll, ganz gleich, ob es sich am Ende als richtig erweist oder nicht.
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Zitat:SPIEGEL: Und worin sehen Sie die Ursache dieser hohen Fehlerquote?
Groopman: Vor allem im Ausbildungssystem. Ganz gleich in welchen Land, überall gibt es einen älteren Doktor als eine Art Meister. Die angehenden Ärzte beobachten, was der tut, und dürfen manchmal mit ihm reden. Doch wie es zu Irrtümern und Trugschlüssen kommt, das ist nicht Teil der Ausbildung. Dabei gibt es einen eigenen neuen Zweig der Kognitionsforschung, der sich ganz speziell mit Denkfehlern beschäftigt.
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Zitat:SPIEGEL: Sie empfehlen also, im Zweifel den Arzt zu wechseln?
Groopman: Das kann nötig sein. Hier in Boston ist eine Frau in einem Zeitraum von 15 Jahren zu mehr als 30 Ärzten gelaufen. Sie magerte zusehends ab. Die Ärzte haben ihr eine Essstörung bescheinigt und am Ende sogar unterstellt, sie erbreche sich heimlich. Erst die letzte Ärztin nahm sie beim Wort und suchte nach einer Ursache. Es stellte sich heraus, dass die Frau unter Zöliakie litt: Sie war allergisch gegen Gluten, das in vielen Lebensmitteln vorkommt. Dieses Schicksal zeigt doch, dass der Patient dem Doktor klarmachen muss: Ich sage die Wahrheit und will von Ihnen ernst genommen werden.
Gesamtes Interview hier: ( lesenswert! )

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,498623,00.html

Uli
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