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REACH: Das neue Chemikaliengesetz für Europa
#1
REACH: Das neue Chemikaliengesetz für Europa
Bisher sind Bürger und Umwelt nur unzureichend vor gefährlichen Chemikalien geschützt. Denn von vielen Stoffen wissen wir nichts über ihre mögliche gefährlichen Wirkungen. Damit sich das ändert, wird in der EU momentan über eine Verordnung zur Neuregelung des Chemikalienrechts verhandelt. Diese trägt den Namen REACH – eine Abkürzung für Registrierung, Evaluierung (Bewertung) und Autorisierung (Zulassung) von Chemikalien. Das Gesetz verlangt, dass die Firmen mehr Informationen über ihre Stoffe beschaffen und offen legen. Dadurch kann die wirkliche Gefahr von Stoffen erkannt werden. Diese können dann schnell beschränkt oder verboten werden, wenn es sicherere Alternativen gibt. Im Moment ist REACH noch ein Gesetzesvorschlag. Ab Sommer 2006 beraten EU-Parlament und EU-Rat über REACH in zweiter Lesung. Sobald REACH in Kraft tritt, wird es in allen Ländern der Europäischen Union unmittelbar gültig sein. Das wird voraussichtlich 2007 passieren.


http://www.bund.net/bundgegengift/


Endstation Mensch
BUND-Studie: Mehr Gesundheitsschäden bei Kindern durch Schadstoffbelastung.
Folge einer verfehlten Chemikalienpolitik.

http://www.bund.net/lab/reddot2/pdf/endstation_kind.pdf



Uli
Antworten
#2
Praktisch gesehen wird die Umsetzung von REACH aber eher dahin gehen, dass kleine und mittelständische Unternehmen in der Chemie-Branche die Kosten für die Registrierung nicht tragen können. Folge wird sein, dass sie entweder viele Produkte aus ihrer Palette streichen oder viel Geld investieren müssen. Beides führt dann mehr oder weniger dazu, dass die Unternehmen sich Gedanken machen müssen, wie lang dies überhaupt noch wirtschaftlich ist, sprich: wann sie Insolvenz anmelden müssen.

Für jeden einzelnen Stoff kostet die Registrierung 100.000 €. Diese Kosten werden von den Unternehmen getragen, die mit diesem Stoff arbeiten. Wenn also 10 Unternehmen das Produkt X handeln/verwenden..., zahlen sie jeweils 10.000 €. Wenn man sich jedoch mal vor Augen führt, dass ein sehr kleines europäisches Unternehmen als einziges ein bestimmtes Produkt importiert, dieses Material auch nicht in der EU produziert wird, dann kann man sich ausmalen, was die Registrierung für eine Belastung ist. Selbst die guten Geschäfte, die mit diesem Produkt abgeschlossen werden, können dies nicht kompensieren. Und wenn dann auch noch mehrere Monopol-Produkte komplett und weitere Produkte anteilig mit den verbundenen Kosten registriert werden müssen, ist klar, dass diese Unternehmen nicht lange überleben können.

REACH soll nächstes Jahr starten und bis 2013 abgeschlossen sein. Ich bin echt gespannt, wieviele Unternehmen daran zu Grunde gehen oder große Einschnitte ihres operativen Geschäfts machen müssen.

Ich will jetzt hier gewiss die Fehler der Chemiepolitik nicht schön reden. Aber die andere Seite der Medaille ist mir schon wichtig darzustellen, da hier Arbeitsplätze, Existenzen und letztendlich auch die Wirtschaft gefährdet sind.
Ich will nichts besonderes sein, ich möchte nur etwas bedeuten.

Kurzanamnese whizkid
Antworten
#3
Hallo Tu Lan,

Zitat:Ich will jetzt hier gewiss die Fehler der Chemiepolitik nicht schön reden. Aber die andere Seite der Medaille ist mir schon wichtig darzustellen, da hier Arbeitsplätze, Existenzen und letztendlich auch die Wirtschaft gefährdet sind.
....wenn Du schon ein bissl im Forum „unterwegs“ warst, dann wirst Du wissen, dass auch ich versuche, immer die 2 Seiten einer Medaille zu sehen....oder besser: zwischen 2 Stühlen sitze!
Bei mir wohl (aus gegebenem Anlass) die Seite der Mediziner : wir schimpfen hier z.T. ganz gewaltig über/auf sie – mitunter mehr als berechtigt, was das Fachliche anbelangt.( Was aber m.E. nicht unbedingt an den Medizinern selbst liegt, sondern an deren Ausbildung!!!) Aber ich weiß z.B. auch um die Existenzsorgen, die all` die !wunderbaren“ Reformen“ mit sich bringen: Mitarbeiter müssen entlassen werden ( wieder ein paar Arbeitslose mehr, keine weiteren Ausbildungsplätze mehr....); Abwanderung ins Ausland, da eine Praxis im Moment mehr kostet als abwirft .( Mancher Praktiker arbeitet im 14-tägigen Rhythmus im Ausland, um sich eine Praxis überhaupt noch leisten zu können!!!) Vielleicht auch deshalb der eigentlich verbotene Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln – um wenigstens ein wenig mehr finanzielle Mittel zu haben, um eine Praxis noch halten zu können.

Deine Einlassung, dass kleinere Unternehmen auf der Strecke bleiben werden, die glaube ich nur zum Teil: häufig sind es die >>Großen<<, die ihre Produktionsstätten ins billigere Ausland verlegen, wo es außerdem noch kein „Bohai“ um Umwelt-/ Menschschutz gibt....China z.B., 3.Welt-Länder! ( ich erinnere nur an Bhopal! Oder hier:
http://www.lebensmittelallergie.info/thr...d=628&sid=
Nur: bisher hat man es der Industrie ja ziemlich „leicht“ gemacht – egal, ob nun den „Großen“ oder den „Kleinen“ -> aber irgendwie besteht doch Handlungsbedarf, oder?????????

Lieber Gruß
Uli
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#4
Hallo Uli,

das sollte keine Kritik an dir sein. Es ist einfach so, dass ich bedingt durch meinen (bisherigen) Job eben auch die Position der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Bezug auf REACH kenne. Und grad gestern hab ich mit meiner ehemaligen Kollegin telefoniert, die mir ihr Leid geklagt hat. Sie war halt auf nem Seminar zu diesem Thema und da wurde nochmal vor Augen geführt, was REACH für Auswirkungen haben wird.

Mittlerweile seh ich alles ja auch ein wenig anders. Wo du z. B. bezüglich der Zahnfüllstoffe von Methacrylaten gesprochen hast und ich mir dann mal die Epicutan-Testreihen dazu angesehen hab...da gab es doch einige Produkte, die ich nur zu gut kenne. Teilweise habe ich selbst schon damit hantiert in Form von Mustern.

Vll steck ich da einfach noch zu sehr drin...und da ich nunmal in der Chemiebranche meine Berufserfahrung habe, halte ich mir auch noch die Option offen, in der Branche zu bleiben...sollte ich da was finden. Aber irgendwo kommen dann doch andere Überlegungen auf.

Whatever, tut mir leid, wenn das falsch rüber gekommen ist.
Ich will nichts besonderes sein, ich möchte nur etwas bedeuten.

Kurzanamnese whizkid
Antworten
#5
Nööööööööö Tu Lan!!!
Ich hab das überhaupt nicht als kritik aufgefasst!!!!
Tut mir Leid, wenn das so rübergekommen sein sollte!!!
Ich wollte halt auch nur aus einem andren "Metier" die 2 Seiten , die es wohl überall gibt, darstellen.
Es sollte aber keine Kritik sein..... Wink

Einen guten Tag Dir!!!!!!!
Und einen lieben Gruß
Uli
Antworten
#6
Zitat:REACH: Diskussion über Gesundheitsgefährdung in vollem Gange
Mittwoch, 8. November 2006

Brüssel - Der Umweltausschuss des Europaparlaments (EP) fordert strengere Auflagen für die Industrie mit Blick auf die künftige Chemikalienpolitik der Europäischen Union (EU). Giftige Substanzen, die in Konsumgütern enthalten sind, sollen demnach künftig grundsätzlich nicht mehr verwendet werden dürfen, wenn sie sich durch weniger gefährliche Chemikalien ersetzen lassen. Gesundheitsgefährdende Stoffe, für die es keine Alternativen gibt, sollen nur für jeweils fünf Jahre eine Marktzulassung erhalten.

Damit gehen die Abgeordneten über den im Juni in erster Lesung gefundenen Kompromiss hinaus. Dieser sah vor, dass gefährliche Stoffe nur dann ersetzt werden sollen, wenn die Unternehmen nicht nachweisen können, dass sie die Risiken angemessen beherrschen.

Das neue Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten und die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien (REACH) europaweit einheitlich regeln. Ziel ist es, den Gesundheits- und Umweltschutz zu verbessern.

Derzeit existieren in der EU kaum verlässliche Daten, um die Gesundheitsfolgen für die Bürger durch Exposition mit Chemikalien zu beurteilen. Dies gilt vor allem für die Einschätzung einer langfristigen Gesundheitsgefährdung durch eine kombinierte Wirkung oder Synergien unterschiedlicher Substanzen. Allerdings zweifeln selbst Experten, ob sich ein solcher Nachweis überhaupt erbringen lässt.

Matti Jantunen, Professor am Finnischen Institut für öffentliche Gesundheit machte zudem deutlich, dass die wahre Gefährdung nicht von industriellen Chemikalien ausgeht. Hauptquelle beispielsweise für das Risiko, an Krebs zu erkranken, seien Partikel, die unter anderem bei Waldbränden, beim Grillen oder durch die industrielle und häusliche Abfallverbrennung sowie durch aktives und passives Rauchen und Verkehrsemissionen entstehen.

Auch kann REACH nicht verhindern, dass Verbraucher weiterhin einer Gesundheitsgefährdung durch Produkte ausgesetzt sind, die in die EU importiert werden. Diese werden vom Gesetz nämlich nicht erfasst. ps/aerzteblatt.de

Quelle: http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=26325

Ah ja...sehen die REACH jetzt also als überflüssig oder wie? Rolleyes
Ich will nichts besonderes sein, ich möchte nur etwas bedeuten.

Kurzanamnese whizkid
Antworten
#7
Ein paar Zitate..........


Zitat:LOBBYISMUS IN DER EU
Kniefall im Kampf gegen die Krebserreger
Von Nils Klawitter
Die EU hat gerade die große neue Chemierichtlinie verabschiedet, die Verbraucher vor Tausenden Giften schützen soll. Tatsächlich ist eher sie selbst ein Sicherheitsrisiko - denn die Industrie hat Europas Politiker weichgekocht. Ein Lehrstück für Lobbyisten.

Zitat:Was herauskam, ist für viele die nahezu perfekte Verschmelzung von Lobbyismus und Industriepolitik. Ein Sicherheitsrisiko.
Selbst wenn ein gefährlicher Stoff nicht adäquat kontrollierbar ist, hat er Zukunft: Und zwar dann, wenn sein \"gesellschaftlich-ökonomischer\" Nutzen das Gesundheitsrisiko übersteigt und keine Alternative vorhanden ist. So wird es etwa bei den weit verbreiteten hormonell wirksamen Schadstoffen sein. Zu diesen potentiell fortpflanzungsschädigenden Substanzen zählt die europäische Lebensmittelbehörde etwa das Insektizid Methomyl. Auch bestimmte Moschusverbindungen in Parfums gehören dazu.

Zitat:Hinter dem Sinneswandel stand die Chemieindustrie: Die verschwiegene Branche hatte auf einmal ganz viel zu erzählen und prophezeite bei jeder Gelegenheit den Rückfall in die Steinzeit. Mit Anzeigenkampagnen, die den millionenfachen Verlust von Jobs prophezeiten, wurde die öffentliche Meinung massiert - und die Wahrnehmung von Reach gedreht.
Gesamter Beitrag hier:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,461994,00.html


Uli
Antworten
#8
....was mich brennend interessiert : wie sind diese "Lobbyisten/ Verantwortlichen" im Alltag???
- Kaufen sie im normalen Supermarkt ein oder haben ein Sonderabkommen/ Abokiste mit dem nächstgelegenen Demeterhof?
- Sollten sie Kinder oder gar Enkelkinder haben: bekommen diese Spielzeug mit Weichmachern oder wird da geguckt, dass man "Ungiftiges" ins Haus holt?
- Wohnen sie direkt neben einem Chemiewerk oder nicht doch lieber "auf dem Lande", da dort die Luft besser ist?
- Sind sie in ihrem Wohnumfeld, in ihren Gemeinden gern gesehene Gäste bei Kindergarteneinweihungen oder Benefiz-Veranstaltungen , weil sie großzügig "Geschenke" verteilen?
- Haben sie gar ein Gewissen, das ihnen ab und an "im stillen Kämmerlein" zu schaffen macht?
- Kommen ihnen nicht mitunter Zweifel an ihrem Tun, wenn sie ( vielleicht) einmal kritische Artikel lesen – dass es immer weniger Kinder gibt, dass diese Kinder immer "weniger gesund" sind ....und dass es am Ende irgendwann vielleicht gar keine "Kunden / Konsumenten" mehr für diese Dinge gibt, die sie zur Zeit mit allen Mitteln verteidigen?

Haben diese Herrschaften ein Gewissen? Ein Verantwortungsgefühl?
Fragt
Uli
Antworten


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