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Leberschäden durch Naturheilmittel gegen klimakterische Beschwerden
#1
aerzteblatt.de 19. Juli 2006

Leberschäden durch Naturheilmittel gegen klimakterische Beschwerden

London - Angesichts der mit Östrogenen verbundenen Risiken weichen viele Patientinnen mit klimakterischen Beschwerden auf Naturheilmittel aus. Diese sind jedoch nicht ohne Risiken, wie eine Warnung des britischen MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) verdeutlicht. Der Aufsichtsbehörde sind in den letzten Monaten vermehrt Berichte über Leberfunktionsstörungen nach Einnahme von Extrakten der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) zugegangen.

Extrakte der Traubensilberkerze werden in der Naturheilkunde vielfältig eingesetzt. Die Indikationen reichen nach Recherchen der MHRA von „Rheumatismus“, Rheumatoide Arthritis, Interkostalneuralgie und Ischiasschmerz über Chorea, Tinnitus bis zur Dysmenorrhöe und uterine Koliken. Auch in Deutschland sind die Extrakte sehr verbreitet. Die Rote Liste enthält annähernd 50 Präparate. In den letzten Jahren hat sich das Indikationsspektrum mehr und mehr in Richtung der Behandlung klimakterischer Beschwerden verschoben. Dies dürfte eine Folge der Women's Health Initiative (WHI) sein, die seit Juli 2002 die postmenopausale „Hormonersatztherapie“ nach und nach demontiert hat. Dies hinterließ eine therapeutische Lücke, in welche nun die Hersteller von Cimicifuga racemosa-Extrakten drängen, auch wenn die Wirksamkeit und Sicherheit nach Ansicht der MHRA, keineswegs belegt sind.

Seit einiger Zeit mehren sich nun offenbar Berichte über hepatotoxische Nebenwirkungen. Bereits im Oktober 2004 informierte die MHRA interessierte Ärzte in Current Problems in Pharmacovigilance (2004; 30: 10). Sieben Fälle waren bis dahin gemeldet worden, darunter eine Frau, die eine lebensbedrohliche Hepatitis mit cholestatischem Ikterus entwickelte. Eine weitere Frau erkrankte ebenfalls an einer schweren Hepatitis. Bei den anderen Frauen kam es lediglich zu Erhöhungen der Leberenzyme. Außerhalb Großbritanniens hatte es bis dahin nur 2 Fallberichte gegeben (Medical Journal of Australia 2002; 177: 440-443 und 2003; 179: 390-391). Bis Ende März 2005 war die Zahl der Verdachtsfälle in Großbritannien auf 20 gestiegen. Ob seither weitere Fälle hinzugekommen sind, lässt die aktuelle Pressemitteilung offen. Die britische Behörde ist jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die Öffentlichkeit vermehrt auf das Risiko hingewiesen werden soll.

Die MHRA bittet alle Frauen, die die Mittel einnehmen, auf Zeichen oder Symptome einer Lebererkrankung zu achten und dem Arzt mitzuteilen. Dazu gehören neben dem Ikterus auch eine dunkle Verfärbung des Urins, Übelkeit und Erbrechen, Müdigkeit und Schwäche, abdominale Schmerzen und Appetitverlust. Die Ärzte werden aufgefordert auf Leberfunktionsstörungen zu achten. Ob dies zu vermehrten Berichten von unerwünschten Nebenwirkungen (UAW) führt, bleibt abzuwarten.

Im Jahr 2004 wurden in Großbritannien 9 Millionen Tagesdosen verkauft. Angesichts dieser Zahlen sind die Leberfunktionsstörungen, die in der Regel reversibel waren, eher selten zu sein – wenn es bei den wenigen bisherigen UAW-Meldungen bleibt. Eine kurze Stichprobe in den Fachinformationen der in Deutschland vertriebenen Präparate zeigt, dass nur wenige auf die Möglichkeit von Leberfunktionsstörungen hinweisen. Eine löbliche Ausnahme macht ein Generikahersteller, während vielen Herstellern von Standardpräparaten der Zusammenhang entweder nicht bekannt oder nicht erwähnenswert zu sein scheint. /rme
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/newsdr...p?id=24990
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