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Höheren Mehrbedarf für kostenaufwändige ERnährung bei Allergien
#4
Hallo Claudia,

ich würde an deiner Stelle auf die Berufung verzichten. Wenn du selbst kein Superargument parat hast, ist es aussichtslos.

Dass ALG II eigentlich zu wenig ist, wird jeder nachweisen können, der davon leben muss. Das wissen auch die Behörden. Deshalb muss nach formalen Kriterien, nach standardisierten Verfahren entschieden werden. Deshalb gibt es "Eckwerte", "Regelsätze", "Bedarfstabellen", formalisierte "Mehrbedarfsregelungen". Du erhältst schon 70 EUR Mehrbedarf. Das ist relativ zu den Summen, um die es im Sozialhilfebereich geht, viel. Immer noch zuwenig, aber der Aufschlag auf den Regelsatz ist in Prozent doch recht hoch.

Dein Mehrbedarf ist in der Behörde unter dem Begriff "Zöliakie" abgelegt. Das ist nur ein Etikett, quasi eine Schublade, in die dein Fall gesteckt wird. Es ist nicht so gedacht, dass du für Zöliakie 70 EUR kriegst und wenn du weitere Allergien bieten kannst, zusätzliches Geld bekommst, sondern für Ernährungsmehrbedarf, der irgendwie in diese Richtung geht (Allergien usw.) gibt es höchstens 70 EUR.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung (Bundesverfassungsgericht) besagt, dass der Sozialstaat (oder die Solidargemeinschaft) nicht dazu da ist bzw. schlicht damit überfordert wäre, sämtliche Unbilden des Schicksals, z.B. finanzielle Nachteile, die sich aus Krankheiten ergeben, auszugleichen. Ein gewisses Maß an Benachteiligung, an Ungleichheit, an - im Einzelfall - Ungerechtigkeit wird in Kauf genommen.

Dein Fall wird also pauschal, formal entschieden. Du kriegst 70 EUR, ohne dass jemand prüft, ob nicht vielleicht 67 EUR reichen würden oder du eigentlich 72 EUR bräuchtest.

Vermutlich ist es auch so gedacht, dass du in deinem Hartz-IV-Regelsatz-Budget Umschichtungen zugunsten der Ernährung vornehmen müsstest. Dem Regelsatz liegt ja ein virtueller Ausgabenkorb zugrunde. Jedes Individuum gibt aber sein Geld etwas anders aus, hat andere Prioritäten. Das klingt sicher zynisch bei den niedrigen Sätzen, aber ich wollte dir zeigen, wie die Gegenpartei denkt. Du musst dich in deren Denkweise hineinversetzen, rechtlich heißt das: verstehen, was der Gesetzgeber gemeint und gewollt hat. Das Gefühl benachteiligt zu sein, reicht nicht aus, um vor Gericht Recht zu bekommen, denn die Gerichte haben das gesamtgesellschaftliche Interesse im Auge. Die Gerichte wissen, dass die Gemeinden kein Geld haben, also haben sie den Fuß auf der Kostenbremse.

Nach der Bewilligung deines Ernährungsmehrbedarfs, besteht vielleicht noch eine gewisse Benachteiligung, die aber gering genug ausfällt, um von Behörden und Gerichten billigend in Kauf genommen werden zu können.

Ein Beispiel für eine andere Benachteiligung: Die Kosten für einen Aufzug in einem Mietshaus werden auf alle Mieter nach der Wohnfläche umgelegt, auch auf die Parterrewohnung. So findest du überall im Leben Benachteiligungen.

Ich fühle mit dir mit, weiß selbst, wie es ist, mit so wenig Geld auskommen zu müssen.

Bolek
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Re: Höheren Mehrbedarf für kostenaufwändige ERnährung bei Allergien - von Bolek - 09.07.2009, 22:58

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